Schrottmarktbericht: Produktion läuft nur langsam an

Die Abschlüsse im Berichtsmonat Januar waren wegen der sehr unterschiedlichen Angebotspreise der einzelnen Verbraucher in den jeweiligen Sorten ein Spiegelbild der Entwicklung in den letzten Monaten des Vorjahres.

Im Januar spielte zudem der Zeitpunkt des Verkaufs eine wichtige Rolle, da eine türkische Einkaufswelle in der ersten und zweiten Kalenderwoche verbunden mit einer Preiserhöhung im europäischen Tiefseemarkt von knapp US-$20 pro Tonne die Verhandlungsposition der Verbraucher beeinflusste. Da die türkischen Verbraucher recht aggressiv ihre Schrottbeschaffung durchführten, erhöhten die deutschen Stahlwerke ihre Einkaufspreise je nach Sorte in einer Spanne von €0 bis in der Spitze €30 pro Tonne. Für den Altschrott zahlten die Verbraucher die höchsten Aufpreise, da das Angebot mangels Aufkommen gepaart mit einem starken Abfluss in Drittländer umkämpft war. Im Handelsmarkt lag der Preis für die Sorte E3 über dem der Sorte E2. Das Kaufinteresse der integrierten Hüttenwerke an Neuschrotten lag unter dem Angebot. Neuschrott wurde nachgefragt, jedoch nicht in dem vom Handel erwünschten Umfang. Auf dem Papier haben alle inländischen Werke die gewünschten Mengen kaufen können, die erforderlichen physischen Lieferungen könnten dem ein oder anderen Verkäufer vielleicht noch Kopfzerbrechen bereiten. Bemerkenswert war die starke Spreizung der Mischschrottpreise im Inland, die bei bis zu €50 pro Tonne lagen. Laut den Daten der Wirtschaftsvereinigung Stahl haben die deutschen Werke im vergangenen Jahr mit 36,9 Mio. Tonnen 8,4 Prozent weniger Rohstahl erzeugt als im Jahr 2021. Im zweiten Halbjahr 2022 lag der Rohstahlausstoß mit 17,3 Mio. Tonnen um knapp 12 Prozent unter der Produktion im ersten Halbjahr 2022 als 19,6 Mio. Tonnen erzeugt wurden. Die Auslastung der Werke im Januar war ebenfalls noch geprägt von Stillstandzeiten und reduzierter Produktion.

Aus den Regionen
Im Osten Deutschland war die Schrottnachfrage nach Auskunft des Handels den Produktionstagen entsprechend gut. Je nach Sorte zahlten die Verbraucher nach zum Teil zähen Verhandlungen €15 bis €30 pro Tonne mehr. Während die Neuschrottpreise je nach Werk unverändert blieben oder ein Aufschlag von bis zu €20 pro Tonne angeboten wurde, stiegen die Altschrottpreisangebote um bis zu €30 pro Tonne. Im Norden waren die Verbraucher dagegen deutlich weniger kauffreudig, während im Nordwesten der Bedarf unterschiedlich hoch war und je nach Sorte Preissteigerungen gegenüber Dezember von €10 bis €25 pro Tonne erzielbar waren. An der Ruhr hatte nur ein Verbraucher einen, verglichen mit Dezember, leicht gestiegenen Bedarf und kaufte bereits Ende Dezember zu etwas höheren Preisen zu, während die unterschiedliche Auslastung der Elektrostahlwerke die Schrottnachfrage belastete. Die unterschiedliche Auslastung der Verbraucher an der Saar führte insgesamt zu einer geringeren Nachfrage. Je nach Werk und Sorte lagen die Aufschläge bei €10 bis €30 pro Tonne. Im Südwesten nahm der Verbraucher seine Produktion erst Mitte Januar wieder auf und bei guter Bevorratung war der Bedarf ausgesprochen übersichtlich. Erfreulicherweise ist die Auslastung des Schrottverbrauchers im Süden ansteigend und führte trotz eines immer noch verminderten Zukaufbedarfs im Handelsmarkt zu Preiserhöhungen je nach Sorte und Ausgangsbasis von €10 bis €25 pro Tonne.

Nachbarländer
Die italienischen Stahlwerke starteten ihre Schrottzukäufe in Deutschland wegen zum Teil verlängerter Werksferien erst im Laufe des Januar. Mit je nach Werk und Sorte sehr unterschiedlichen Preiserhöhungen von €5 bis €40 pro Tonne konnten die italienische Preise mit den europäischen konkurrieren. Allerdings erfüllten sich die Hoffnungen der Hersteller auf steigende Stahlverkaufspreise und steigende Absatzzahlen noch nicht, wodurch sich die anfänglich euphorische Stimmung schnell wieder abkühlte. In Österreich stiegen die Neuschrottpreise um €25 pro Tonne und die Altschrottpreise je nach Verbraucher um €25 bis €30 pro Tonne. Mit einer verhaltenen Nachfrage nach deutschem Schrott starteten die eidgenössischen Werke ins neue Jahr, weil in einem Werk ab der 5. Kalenderwoche bis Mitte Februar Umbauarbeiten stattfinden und das andere nicht voll ausgelastet ist. Tschechische Verbraucher boten Preiserhöhungen von €30 bis €33 pro Tonne an. Aus Polen wurde ein guter Bedarf der inländischen Werke gemeldet. Die Werke boten ihren Lieferanten je nach Sorte Preiserhöhungen von €32 bis €40 pro Tonne an, um das Material im Inland zu halten. In Frankreich waren Preiserhöhungen von €15 bis €25 pro Tonne erzielbar. In Luxemburg war der Bedarf höher als im Vormonat und der Wettbewerb mit den Exportlägern führte zu Preiserhöhungen beim Scherenschrott bis zu €30 pro Tonne, während die Erhöhungen bei den übrigen Sorten bei €15 pro Tonne lagen. In den Niederlanden waren €20 bis €25 pro Tonne mehr zu erzielen, hier beeinflussten jedoch die schwankenden Exportpreise die wöchentlichen Notierungen der inländischen Schrottverbraucher.

Gießereien
Die Schrottnachfrage der meisten Gießereien wurde als robust bezeichnet. Viele Produzenten sind immer noch gut ausgelastet und während einige Hersteller boomen, befinden sich andere immer noch oder wieder in Kurzarbeit. Sofern keine Bindung an einen Index vorlag, konnten je nach Verbraucher und Sorte Preiserhöhungen von €5 bis €25 pro Tonne durchgesetzt werden. Mit dem Angebot an Handelsguss und manganarmen Sorten konnte die Nachfrage nicht überall gedeckt werden. Das Angebot an Roheisen war dagegen höher als die Nachfrage und mit dem starken Euro werden Importe attraktiver.

Drittlandmärkte
Obwohl die oben erwähnte Kaufwelle türkischer Werke in den ersten beiden Januarwochen zu steigenden Preisen führte, ließ der Schrottzulauf zu den Tiefseelagern zu wünschen übrig. Den Zulieferern waren einerseits die Preise nicht hoch genug und andererseits das Schrottaufkommen sowohl konjunktur- aber auch jahreszeitlich bedingt schwach. Die türkischen Schrotteinkäufer waren stark bemüht, die Einkaufspreise unter Kontrolle zu halten, indem sie Pausen zwischen den Zukäufen einlegten und den Druck auf die Preise verschärften. Da sie mit Rücksicht auf die Preisentwicklung und die angespannte Finanzlage offensichtlich mit der Aufstockung ihrer Schrottbestände etwas später als gewöhnlich begonnen hatten, kam es zwar zu Preisschwankungen aber im Endeffekt blieben die Preise fest. Im kommenden Monat wird sich wenig ändern, zumal andere Verbraucher mit Exportmarkt aktiv sind. Dass auch die türkische Stahlindustrie erheblich unter Druck steht, zeigt die Produktionsentwicklung. Im zweiten Halbjahr 2022 drosselten die türkischen Stahlwerke wegen eines Nachfrageeinbruchs die Produktion noch deutlicher als die deutschen Werke. Laut SteelData war die Auslastung mit rund 73 Prozent im April am höchsten und erreichte im November mit etwa 52 Prozent das niedrigste Niveau des Jahres. Die türkische Rohstahlproduktion ist im vergangenen Jahr gegenüber 2021 schätzungsweise um rund 13 Prozent gefallen.

Schlussbemerkungen
Die Einschätzungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der Entwicklung im kommenden Monat waren recht einheitlich. Dem verstärkten Bedarf wird ein höheres Aufkommen entgegenstehen und sofern der Export „geräuschlos“ erfolgt, werden weitgehend unveränderte Preise erwartet. Angesichts der Volatilität des Marktgeschehens auf Grund möglicher unvorhersehbarer Einflüsse handelt es sich jedoch nur um eine momentane Einschätzung, zumal die Hersteller immer noch Probleme haben, ihre Preisvorstellungen im Stahlmarkt durchzusetzen. Der Schrotthandel verweist auf die um über 20 Prozent gestiegenen Gesamtkosten, die in einem ohnehin schwierigen Marktumfeld erwirtschaftet werden müssen.

Redaktionsschluss 24.01.2023, BG-J/bvse, Foto: O. Kürth