Ungefährliche Elektro(nik)altgeräte: Erweiterte Notifizierungspflicht gefährdet Recyclingwirtschaft

Der bvse steht den aktuellen Plänen der EU-Kommission kritisch gegenüber, die eine Ausweitung der Notifizierungspflicht auf nicht gefährliche Elektro(nik)altgeräte innerhalb der EU ab dem 1. Januar 2025 vorsieht.

In einem sogenannten non-paper führt die Kommission aus, dass viele Geräte, die bislang auf der „grünen Liste“ standen und deren Verbringung zwischen EU-Mitgliedstaaten problemlos und ohne bürokratische Hürden möglich war, nun einem komplexen Notifizierungsverfahren unterworfen werden sollen. Ausdrücklich begrüßt der bvse das Verbot der Ausfuhr von Elektro(nik)altgeräten unter den Einträgen A1181 und Y49 des Baseler Abkommens in Staaten, für die der OECD-Beschluss nicht gilt. Diese Maßnahme zielt darauf ab, den illegalen Export von Elektroschrott zu reduzieren und die umweltgerechte Entsorgung von Altgeräten zu gewährleisten. Eine Ausweitung der Notifizierungspflicht auf nicht gefährliche Elektro(nik)altgeräte hätte nach Ansicht des Verbandes keinen umweltpolitischen Mehrwert, dafür aber erhebliche ökonomische Auswirkungen. Eine Notifizierungspflicht ab 2025 würde die ohnehin stark belasteten Behörden mit einer Flut neuer Anträge konfrontieren. So dauert es im Durchschnitt drei bis sechs Monate, bis eine Notifizierung bearbeitet und genehmigt wird.

Erhebliche Beinträchtigungen
Derzeit gibt es in der EU nur eine begrenzte Anzahl an spezialisierten Recyclinganlagen, die Wertstoffe aus E-Schrott fachgerecht rückgewinnen. Die Erhebung zusätzlicher bürokratischer Anforderungen würde dazu führen, dass diese Rohstoffe nicht mehr zeitnah und effizient recycelt werden können, was den Rohstoffkreislauf in Europa empfindlich stören würde. Die geplante Notifizierungspflicht würde außerdem den Wettbewerb innerhalb der EU erheblich beeinträchtigen. Große Unternehmen verfügen oft über die personellen und finanziellen Ressourcen, um die zusätzlichen Auflagen zu erfüllen, während kleine und mittelständische Unternehmen, die einen wesentlichen Teil der Recyclingwirtschaft ausmachen, deutlich stärker belastet wären. Die Einführung hoher bürokratischer Hürden könnte dazu führen, dass viele dieser Unternehmen aus dem Markt gedrängt werden.

Die Einführung verschieben
Der bvse fordert daher die EU-Kommission auf, den Vorschlag zur Einführung der Notifizierungspflicht ab dem 1. Januar 2027 zu priorisieren. Diese Übergangsfrist würde sowohl den Unternehmen als auch den Behörden die notwendige Zeit geben, sich auf die Änderungen vorzubereiten und eine effektive, digitale Infrastruktur für die Abwicklung der Notifizierungsverfahren aufzubauen.

Darüber hinaus sollte das Moratorium genutzt werden, um innerhalb der EU-Mitgliedstaaten Daten zu sammeln, die die Notwendigkeit einer generellen Notifizierungspflicht überprüfen. Es sei essenziell, festzustellen, ob tatsächlich alle bisher „grün“ gelisteten Elektro- und Elektronikschrotte von dieser neuen Regelung betroffen sein müssen oder ob es weiterhin nicht gefährliche Elektronikschrotte gibt, die auch zukünftig als „grüne“ Abfälle verbracht werden können. Die Digitalisierung der Abfallverbringungsverfahren, wie sie in der Abfallverbringungsverordnung vorgesehen ist, könnte ebenfalls einen erheblichen Beitrag dazu leisten, die Notifizierungsprozesse zu beschleunigen und die Belastung der Behörden zu verringern.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2024, Seite 9, Foto: O. Kürth)