Schrottmarktbericht August 2025: Leichte Preiskosmetik – warten auf das Momentum
Die Lage der deutschen Industrie bleibt angespannt. Im Juni erreichte das Verarbeitende Gewerbe im Monatsvergleich den niedrigsten Stand seit Mai 2020, als die Produktion infolge der Corona-Pandemie eingebrochen war. Die schwache Entwicklung der Industrieproduktion im zweiten Quartal dürfte Ausdruck einer Gegenbewegung im Zusammenhang mit den Vorzieheffekten durch die angekündigten US-Zollerhöhungen sein. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht im dritten Quartal keine Impulse für einen dauerhaften Aufschwung der Industriekonjunktur.
Die deutschen Bestellungen sanken im Juni erneut. Ausschlaggebend waren geringere Aufträge aus der Autoindustrie und eine schwache Entwicklung bei Großaufträgen. Die Wirtschaft macht sich große Sorgen, wie aus einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervorgeht. Über die Hälfte der Befragten (58 Prozent) erwarten künftig weitere Belastungen. Unternehmen mit direktem US-Geschäft sind davon sogar zu drei Vierteln (74 Prozent) betroffen. Nur fünf Prozent der befragten Betriebe rechnen mit positiven Effekten.
Schrottmarkt
Der Monat August war geprägt von Stillstandzeiten der Stahlwerke. Notwendige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten wurden durchgeführt und einige Mitnahmeeffekte bei den Schrotten von den Verbrauchern einverleibt. Der August zeichnete sich nicht unbedingt durch das Preisniveau aus, sondern vielmehr durch die Absatzmöglichkeiten. Bereits im Vormonat fand ein Wechsel von einem gewichteten Verkäufer- zum soliden Käufermarkt statt, der sich weiter verfestigte. Den Schrottmarkt charakterisierten viele Marktteilnehmer in diesem Monat als äußerst lustlos. Ausgehend von dem vormonatlich abgeschlossenen Preisniveau, kam es zu unveränderten Preisen bis hin zu leichten Reduzierungen der Preisspitzen im Bereich von -3 €/t bis -6 €/t. Die Sorge vor der Schrottknappheit war so groß, dass Verbraucher nur leichte kosmetische Preiskorrekturen vornahmen. Allgemein lagen die Bedarfe saisonbedingt auf einem niedrigen Niveau, bei ausreichenden Angeboten. Exporteure nahmen zuletzt ihre Preisspitzen im Zukauf bei 260 €/t für die HMS 1/2 (80:20) zu den Exportlägern heraus, behielten den Markt fest im Blick. Einige internationale Verkäufer verfolgten die Absicht, Abschlüsse zu tätigen, trafen bei ihrem erwarteten Preisniveau aber nicht auf kaufwillige Abnehmer. Verhandlungsteilnehmer betonten, dass die Verkaufspreise für sie auskömmlich sein müssen, damit es zu Abschlüssen kommt. Allgemein sollen zwar relativ gute Lagerbestände an Fertigmaterialien bei den Exporteuren vorrätig sein, der inländische Schrotthandel kämpft aber mit dem geringen Materialaufkommen. Akteure warten anscheinend auf das Momentum, das den Markt in die eine oder andere Richtung schubst.
Schrott in den Regionen
Die nördlich gelegenen Schrottverbraucher schlossen im Regelfall zu einem unveränderten Preisniveau gegenüber dem Vormonat ab. Sie sahen sich aber vor, je nach vorherrschendem Preisniveau, Preisspitzen herauszunehmen. Bei einigen Verbrauchern lag die Preisreduktion je nach Schrottsorte zwischen -3 €/t und -6 €/t. Im Osten nahm ein großer Verbraucher keine Preisveränderungen vor, andere kürzten die Preisspitzen um 3-6 €/t. Im Westen herrscht weitgehend ein unverändertes Preisniveau. Ein großer Verbraucher soll sehr viel Eigenentfall haben, sodass der Zukaufbedarf niedrig ausfiel. Ein Großverbraucher im Südwesten hatte den sommerbedingten Werksstillstand, kaufte aber Schrottmengen zu leichten Preisreduzierungen von bis zu -5 €/t ein. Im Süden stellte sich der Absatz als besonders schwierig dar. Ein Verbraucher kaufte wegen des geplanten Sommerstillstands kaum Schrottmengen ein und die für den Süden wichtigen italienischen Werke waren im August fast vollständig aus dem Markt.
Schrott in den Nachbarländern
Auf dem französischen Schrottmarkt gaben Schrottpreise zwischen -5 €/t bis -7,5 €/t nach. Es handelte sich nach Aussage von Marktteilnehmern um Abwehrpreise, geschuldet den sommerlichen Werkstillständen, um geringen Schrottbedarfen entgegenzuwirken. Ein luxemburgischer Verbraucher wollte ursprünglich im September einen Ofen aus der Produktion herausnehmen, diese Entscheidung scheint aber revidiert zu sein. Schrottpreise sanken allgemein um -5 €/t, wobei Zukäufe auch zu unveränderten Preisen stattfanden. In Österreich hatte ein Verbraucher im Vormonat höhere Abschläge, worauf dieser im August zu unveränderten Preisen einkaufte. Die Schrottnachfrage in der Schweiz war verhalten. Ein Werk kaufte Schrotte mit Preisabschlägen von -5 €/t zu. Auf dem italienischen Markt gaben Schrottpreise um -5 €/t nach, wobei die überwiegende Anzahl der Werke fast vollständig mit ihrer Produktion aus dem Markt waren. Erhebliche Nachmengen werden noch im September zu den Verbrauchern laufen. Auf dem polnischen Markt wurden Preise angepasst und sanken um -5 €/t bis zu -10 €/t. Auf dem tschechischen Markt befand sich ein großes Stahlwerk noch bei seinen geplanten Wartungsarbeiten und kaufte keine Schrottmengen zu.
Schrottmarkt international
Mit rund 30 Schrottkäufen für die Augustverladung, starteten türkische Verbraucher mit einem guten Maß an Geduld in die Verhandlungen. Um gegen hohe Produktionskosten und niedrige Verkaufspreise zu kämpfen, nutzten türkische Werke im ersten Halbjahr alle verfügbaren Rohstoffe; darunter inländische Schrotte aber auch importierte Halbzeuge und Roheisen. Schrotte bleiben jedoch die bevorzugte Kaufoption. Nach einer anfänglichen Flaute starteten Marktteilnehmer ihre Aktivitäten. In den Fokus der internationalen Verhandlungen rückten die Entwicklungen auf dem US-Schrottmarkt. Eine ausgewogene Angebots- und Nachfragesituation hielt den Markt den dritten Monat in Folge stabil. Auch auf dem britischen Exportmarkt blieben Kaufabsichten verhalten. Alternative Absatzwege zeigten sich für den Containerhandel in einem geringen Maße nach Nordafrika und Asien auf. Die russische Regierung beschloss, Exportquoten für Eisenschrotte in die Eurasian Economic Union (EAEU) anzuheben. Eine Erhöhung um 300 Tsd. Tonnen auf 1,8 Mio. Tonnen unterstützt die heimische Schrottwirtschaft und schafft neue Absatzwege. Aus den USA gab es keine aktiven Schrottangebote. Höhere Frachtraten schränkten US-Verkäufer bei möglichen Preiszugeständnissen ein. Viele türkische Werke räumten ein, in diesem Jahr Verluste einzufahren. Dies führte auf den Märkten zu zahlreichen Gerüchten über mögliche Insolvenzen bei Stahlproduzenten und -verarbeitern, die weitgehend dementiert wurden. Jedoch stellten einige Unternehmen tatsächlich kürzlich Insolvenzanträge. In Europa und dem Vereinigten Königreich verliefen Materialströme zu den Exporthäfen schleppend. Exporteure drängten nicht um jeden Preis auf eine Lageraufstockung, mussten aber Preise weiter anheben, um Materialzuläufe zu sichern.
Ausblick
Die schlechte Ergebnislage einiger türkischer Verbraucher führte zu zahlreichen Gerüchten auf dem Markt. Tatsächlich wurden auch Insolvenzen angekündigt, wenn auch weniger als angenommen. Aber nicht nur die internationale und nationale Stahlindustrie steckt tief in der Krise, auch der Schrotthandel hat immer mehr zu kämpfen. Finanzierungen werden immer schwieriger. Lange Zahlungsziele und mögliche Zahlungsausfälle können schnell zu einer drohenden Schieflage führen. Ein ausgeprägtes Risikomanagement und entsprechende Ausfallversicherungen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Der gegenwärtige Monat ist geprägt von reduzierten Schrottbedarfen durch die saisonal bedingten Sommerstillstände. Mitnahmeeffekte führen dazu, dass Verbraucher mit gut gefüllten Lagerbeständen in den September starten. Marktakteure sehen im September derzeit keine Anhaltspunkte für eine Preisbewegung. Alle warten auf das Momentum – einen Einflussfaktor, der für den Schwung des Marktes sorgt. In welche Richtung auch immer er sich bewegen wird; viele Teilnehmer warten ab und halten den Markt im festen Blick.
Redaktionsschluss 19.08.2025, Johannes Hanke, bvse (Alle Zahlen ohne Gewähr), Foto: O. Kürth